Ein »Wust missverstandener Wissenschaft, bürgerlicher Beschränktheit, sittlicher Verwirrung, abergläubischen Wahns« – so nannte Goethe selbst die Welt von Faust.
Wie ist es also zu erklären, dass eine ganze Nation sich zunehmend mit diesem Charakter identifizierte – im Wandel der Zeiten, in immer anderen, neuen Zusammenhängen? Schelling nannte Doktor Faustus zu Beginn des 19. Jahrhunderts »unsere mythologische Hauptperson«: »Andere teilen wir mit anderen Nationen, diesen haben wir ganz für uns allein, da er recht aus der Mitte des deutschen Charakters und seiner Grundphysiognomie wie geschnitten ist«. Heute hat sich der Begriff des Faustischen verselbständigt, aber wer die Figur näher anschaut, begreift nicht mehr, wie sie Generationen von Deutschen zur Identifikation dienen konnte.
Zur Klärung wagt sich Michael Thalheimer an den ganzen Faust. »Der Tragödie zweiter Teil« folgt im Abstand von einem Jahr im Oktober 2005, mit Nina Hoss in der Rolle der Helena.
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