Aschenputtel – La Cenerentola | Deutsche Oper Berlin | Termine im Dezember 2009
Die Geschichte vom Aschenputtel, das als Dienstmagd ein Schattendasein im elterlichen Haus führt und am Ende den Prinzen heiratet, gehört zu den beliebtesten Topoi der Märchenliteratur. Nicht erst die Gebrüder Grimm machten den Stoff populär, seine Wurzeln reichen bis zu den orientalischen Märchensammlungen aus Tausendundeiner Nacht, ins alte Ägypten oder zu den Überlieferungen der nordamerikanischen Ureinwohner. Rossini, der sein »dramma giocoso« um die Jahreswende 1816/17 in angeblich nur drei Wochen komponierte, stützte sich vor allem auf die Version von Charles Perrault, dessen Cendrillon ou La petite pantoufle de verre von 1697 stammt. Perrault selbst griff vermutlich auf das Pentamerone zurück, eine Märchensammlung des 1575 in Neapel geborenen Giambattista Basile, der nicht nur Charles Perrault, sondern u. a. auch Clemens Brentano, Ludwig Tieck und die Brüder Grimm inspirierte.
Rossini konnte also aus dem Vollen schöpfen. Der Reichtum an opernwirksamen Motiven und Situationen, etwa der Rollentausch zwischen Herr und Diener, der operngeschichtlich eine lange Tradition hat, der Kontrast zwischen der schönen Unschuld und ihren garstigen Schwestern, auch die Moral der Geschichte, nämlich die Gewissheit vom Sieg des Guten, boten ihm beste Gelegenheiten für ebenso komische wie anrührende Szenen. Kunstvoll komponierte Ensembles wechseln mit Arien und Duetten voller Poesie und Melancholie, die kleine Auftrittsmelodie der Angelina, die im Verlauf der Oper mehrfach wiederkehrt, setzt in ihrer Schlichtheit und abgedunkelten Moll-Stimmung einen nachdrücklichen und sehr individuell gestalteten Akzent, der die Figur über das bloß Typenhafte weit hinaushebt.
Seinen Zeitgenossen galt Rossinis LA CENERENTOLA mehr als sein ein Jahr zuvor entstandener BARBIERE DI SIVIGLIA als der Inbegriff, das geglückteste Beispiel einer komischen Oper. Rossini selbst legte sein Werk allerdings nicht so sehr als reine opera buffa an, sondern machte daraus eine sogenannte semiseria, eine »halbernste« Oper. Die Leiden des von ihrer Familie verachteten Aschenputtels werden nicht ohne tragische Untertöne auf die Bühne gebracht, und trotz des überaus komischen Potenzials der handelnden Personen bleibt am Ende der »Triumph der Tugend« eine wichtige und ernstzunehmende Einsicht, zumindest als Utopie, die Rossinis Opernmärchen mit den meisten Märchen der Welt teilt.
Rossinis Opern sind meiner Meinung nach nur dann komisch, wenn man sie ernst nimmt. Auch wenn es befremdlich klingen mag, kann man LA CENERENTOLA eine im sozialen Sinne fortschrittliche Oper nennen. Er nahm ein Märchen und machte daraus ein sozialkritisches Dokument, aber keines, das verbissen und streng daherkommt. Im Gegenteil, es steckt voller Witz. Es geht um Vernunft und Rationalität, um Menschlichkeit viel mehr als um ein zufälliges, wundersames Geschehen. Der Text allein bleibt hohl und nichtssagend, erst die Musik erweckt das Werk zu stürmischer Emotionalität.
LA CENERENTOLA ist eine Sozialkomödie. Da geht es um ein Mädchen, das seine Chance erkennt und sie nutzt. Und um einen jungen Prinzen, der erst noch erwachsen werden muss, bevor er heiraten kann. [Sir Peter Hall]
Montag | 14.12.2009 | 19:30 Uhr | : Deutsche Oper Berlin |
Donnerstag | 17.12.2009 | 19:30 Uhr | : Deutsche Oper Berlin |
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