Carmina burana – Deutsche Oper Berlin – 01.11.2009

Carmina burana von Carl Orff in der Deutschen Oper Berlin

»Fortuna hatte es gut mit mir gemeint, als sie mir einen Würzburger Antiquariatskatalog in die Hände spielte…«, so schilderte Carl Orff seine erste Begegnung mit einer Handschrift aus dem 13. Jahrhundert, die ihn so sehr faszinierte, dass er sie zur Grundlage für ein »Bühnenwerk mit Sing- und Tanzchören, nur den Bildern und Texten folgend«, machte.
Seine Carmina Burana gehören bis heute zu den populärsten Werken der sogenannten ›Ernsten Musik‹, vielleicht weil darin eben nicht nur Ernst, sondern auch ein gerütteltes Maß an derbem Spaß, ungezügelter Lebensfreude, aber auch zarter Poesie und anrührender Liebeslyrik herrschen.
Der »Codex Buranus«, nach seinem ursprünglichen Aufbewahrungsort, dem Kloster Benediktbeuren, benannt, ist eine mittelalterliche Handschrift mit lateinischer Lyrik, vermischt mit mittelhochdeutschen Versen: Trinklieder, Liebes- und Spielerlieder, die Carl Orff wegen ihrer unvergleichlichen Verbindung von antikem und christlichem Gedankengut faszinierten. Im Mittelpunkt steht dabei die Gestalt der Fortuna: Als Sinnbild der Schicksalsabhängigkeit des Menschen, wurde sie im Mittelalter häufig durch Steuerruder, Füllhorn, Rad oder eine Kugel unter den Füßen symbolisiert.
»O Fortuna, velut Luna, statu variabilis, semper crescis, aut decrescis…« – »O Fortuna, wie der Mond bist du veränderlich, ständig zunehmend oder abnehmend…«, so beginnt das Werk mit einem der berühmtesten Chöre der Musikliteratur, der vor einigen Jahren sogar als Werbetrailer für Schokolade Furore machte. Es folgen drei weitere Hauptteile, »Primo vere« [»Im Frühling«], »In taberna« [»In der Schenke«] und »Cours d’amours« [»Liebeshof«], und am Ende beschließt Fortuna das bunte Treiben.
So ungewöhnlich wie der Stoff dieser mittelalterlichen Gesänge ist auch die musikalische Durchführung. Orff hat ein regelrechtes Schlagzeug-Orchester aus Xylophonen, Glocken und Steinspielen, Schellentrommeln, Zimbeln, Rasseln und Tamtam, dazu vier Klaviere und Pauken zusammengestellt.
Starke rhythmische Akzente und eine kraftvolle Verwendung des Chores werden ergänzt durch melodienreiche, äußerst zarte Sopran-Passagen, die die poetische Seite des Werkes repräsentieren.
Dabei ändert die Dominanz des Rhythmischen, die so »modern« klingt, nichts an der grundsätzlichen Tonalität der Musik, auch dies vielleicht ein
Grund, weshalb Carmina burana für viele »klassik-ungewohnte« Zuhörer auch heute noch immer wieder zum Einstieg in eine ganz neue Welt wird. Und da die »szenische Kantate«, wie Carl Orff sein Werk auch nannte, in der Deutschen Oper Berlin eben nicht nur gesungen und auf Instrumenten gespielt wird, sondern vom Regisseur Götz Friedrich im Geiste eines musikalischen Gesamtkunstwerkes auf die Bühne gebracht wurde, wird man als Zuschauer ganz und gar hineingezogen in das Spiel Fortunas.
»Spiel der Stimmen und Instrumente, der Körper und Bilder. Chiffren, die offen legen und gleichzeitig verschlüsseln. Explosionen, die in subtilste Scheu und Zärtlichkeit umschlagen. Liebe, Lust, Not, Gewalt, Tod. Das große und das kleine Welttheater als Gaukelspiel. So stellt sich uns Carl Orffs Carmina Burana heute dar.« [Götz Friedrich]

Sonntag 01.11.2009 16:00 Uhr : Deutsche Oper Berlin

 

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