Konzerthausorchester Berlin / Lothar Zagrosek – Konzerthaus Berlin
Janácek – Poulenc – Xenakis
Leoš Janácek [1854-1928] Otcenáš für Tenor, Chor, Harfe und Orgel [1901/06]
Francis Poulenc [1899–1963] Figure humaine Kantate auf einen Text von Paul Eluard [1943] für gemischten Doppelchor
Leoš Janácek Aus einem Totenhaus [1925–27] Orchestersuite aus der gleichnamigen Oper arrangiert von Harold Byrns
Iannis Xenakis [1922–2001] Nekuia für gemischten Chor und Orchester [1981] nach Texten von Jean Paul und Françoise Xenakis
Konzerthausorchester Berlin Lettischer Rundfunkchor und Staatschor der Republik Lettland »Latvija« Joachim Dalitz Orgel Maria Graf Harfe Algirdas Janutas Tenor Sigvards Klava Chorleitung Lothar Zagrosek Leitung
Eine gemeinsame Veranstaltung des musikfest berlin | Berliner Festspiele und des Konzerthaus Berlin Finstere Zeiten und düstere Themen bilden den Hintergrund, auf den die Musik ihre Leuchtschrift aufträgt und damit das Dunkel bricht, wenn nicht bannt. Schon die Besetzung – Solo-Tenor, Chor, Harfe und Orgel – rückt die Grundfarbe von Leos Janáceks Vaterunser-Komposition ins Helle. Die Musik klingt wie eine unendliche Variation der ersten Bitte: „Dein Reich komme …“. Es soll aber nicht in der Fremdsprache der westlichen Kirche, sondern in des Komponisten eigener, ins Erhabene stilisierten Sprache erscheinen, dem Kirchenslawisch. Gott sei ein Gott der Freiheit, der Freiheit zur eigenen Identität. So betrachtet, wäre auch Francis Poulencs Chorkantate Figure humaine (Das menschliche Antlitz) ein geistliches Werk, auch wenn der Name Gottes nicht fällt. Komponiert ist sie nach Gedichten, die Paul Eluard im Widerstand schrieb und illegal verbreitete. Ihr Verlauf wirkt, als hole die Musik die Dichtung aus ihrer Betrachtung von Leid, Qual und Grausamkeit heraus, hebe ihr den Kopf und die Stimme bis zu jenem 21-strophigen Ruf, an dessen Ende wie ein Hymnus das eine erlösende Wort steht: »Liberté« – Freiheit. Das Dunkel der Zeit wandelt sich zum Schutzraum für die Partisanen der Menschlichkeit. Leos Janácek komponierte seine letzte Oper nach Fjodor Dostojewskis Aufzeichnungen aus einem Totenhaus. Es ist ein Straflager, eine jener Einrichtungen, die das Jahrhundert des Totalitarismus aus den Zeiten dynastischer Selbstherrschaft übernahm und zur Hölle auf Erden perfektionierte. Teils löscht sie den Wunsch nach dem Himmel auf Erden, teils lässt sie ihn militant neu erglühen. Nekuia steht für „einen magischen Ritus, in dem die Geister der Toten angerufen und nach der Zukunft befragt werden. Iannis Xenakis gab seiner Komposition für Stimmen und Instrumente eine plastische Gestalt, schuf eine Architektur in der Zeit, die im Innern belebt ist durch Melodien, die wortlos oder sprachgetragen durch den Tonraum wandern, sich wandeln, scharfe Linien ziehen oder sich in Klangnebel hüllen. Sie halten die Erinnerung an den Gesang in sich, die elementare und individuelle Basis der Musik. An den Grenzen der Erfahrung steht die Menschenwürde auf dem Prüfstand.
Donnerstag 10.09.2009
20:00 Uhr
Konzerthausorchester Berlin / Lothar Zagrosek
Konzerthaus Berlin – Großer Saal
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