Lohengrin | Deutsche Oper Berlin | Januar 2010

Zur Zeit der Herrschaft König Heinrichs I. kommt dieser nach Brabant, um Gerichtstag zu halten und die Edlen zur Heerfolge anzuhalten. Doch seit dem Tode des Herzogs von Brabant besteht Streit über dessen Nachfolge. Seine Kinder Elsa und Gottfried sind dem Grafen Friedrich von Telramund anvertraut.
Gottfried aber ist verschwunden, und Elsa wird von Telramund des Brudermordes verdächtigt.
Da Elsa schweigt, soll ein Zweikampf zwischen dem Kläger und einem für Elsa streitenden Ritter entscheiden. Und tatsächlich erscheint ein Ritter auf einem Schwan, um für Elsa zu streiten.
Er will sie zur Frau nehmen, stellt jedoch die Bedingung, dass sie niemals nach seinem Namen und seiner Herkunft fragt. Elsa willigt ein, und der Ritter besiegt Telramund. Ortrud, die Tochter des letzten Friesenfürsten Radbod und Gemahlin Telramunds, die ihrem Mann die falschen Anschuldigungen gegen Elsa nur deswegen zugetragen hatte, um ihre alte Macht wieder zu erlangen, versucht die bevorstehende Hochzeit von Elsa und dem Fremden zu verhindern und Misstrauen im Herzen der jungen Frau zu wecken. Elsa jedoch hält zu ihrem Geliebten und lässt sich nicht dazu verleiten, die verbotene Frage zu stellen.
Endlich allein im Brautgemach, quält sie aber doch die ungeklärte Identität ihres Mannes. Sie möchte ihren Geliebten wenigstens beim Namen nennen dürfen. Unter Beschwörungen, es niemanden zu sagen und sein Geheimnis zu wahren, stellt sie letztendlich doch die verbotene Frage nach seinem Namen. Telramund dringt mit Edelleuten in das Brautgemach ein und wird von dem Ritter niedergestreckt. Daraufhin klagt der Fremde Elsa öffentlich des Treuebruchs an. Er verkündet, dass er Lohengrin, ein Ritter des Grals und Sohn Parsifals, sei. Da sein Geheimnis nun gelüftet sei, müsse er gehen. Ortrud glaubt sich schon am Ziel ihrer Machenschaften, als plötzlich Gottfried, Elsas Bruder auftaucht.
Ortrud hatte Gottfried entführt und verzaubert. Lohengrin ernennt Gottfried zum neuen Thronerben, und der Schwan trägt Lohengrin wieder mit sich fort. Elsa sinkt mit gebrochenem Herzen zu Boden.
Elsa selbst ist der humane Schlüssel für das Phänomen Lohengrin. Ihre Situation und ihre Entwicklung, ihre Sehnsucht und ihre Selbstzweifel definieren das Wunder und seine Gültigkeit. Mit ihr überschreiten wir die Grenze zwischen der Wirklichkeit und dem Übersinnlichen, mit ihr werden wir zurückgeworfen in die Vereinsamung, Verzweiflung, Ratlosigkeit … Elsa individualisiert und durchleidet den Grenzfall Lohengrin total, mit allen Sehnsüchten, allen Ängsten, allen Träumen und den vielfachen Toden der Liebe. Sie muss ihm die Frage stellen, um seine menschliche Werthaftigkeit, begriffen als Leidensfähigkeit, herauszufinden: „O, wüsste ich auch dich in Not!“ Damit aber reißt sie die wirkliche Tragik der Lohengrin-Figur auf, macht sie kenntlich für sich und für uns und gibt ihm die Möglichkeit, aus dem Missverständnis halbgöttlicher Unverbindlichkeit herauszutreten in den Bereich des Menschlichen.
Denn „Vermenschlichung“ ist das Abenteuer, in das sich der junge Gralsritter, als er Elsa erblickt, stürzen möchte: humaner Deserteur auf Zeit. Und der Anspruch auf Vermenschlichung ist es auch, vor dem das Wunder versagt (oder dem es sich versagt), ehe es „vernichtet in seine Einsamkeit zurückkehrt“ (Wagner).
Götz Friedrich hat die Legende zwischen Vergangenheit und Zukunft angesiedelt. Das Bühnenbild ist eine Mischung aus Realem und Abstraktem. Bühnenbildner Peter Sykora arbeitet mit Lichtspielen, mit Linien, magischen Vierecken und weißen Strichen. Friedrichs Regie ist unaufdringlich, zurückhaltend. Er trumpft nicht auf. Er vermeidet jegliche Extreme, an den Haaren herbeigezogene Interpretationen. Er bemüht sich vielmehr, die Figuren psychologisch auszuloten, gibt der Zärtlichkeit viel Raum. (Südkurier/Konstanz)

Freitag 29.01.2010 18:00 Uhr : Deutsche Oper Berlin

 

0 Comments

You can be the first one to leave a comment.

Leave a Comment