JFK – Deutsches Theater Berlin – Dezember 2009

Sie könnten jetzt alles so weitermachen, wie eine schlechte Unendlichkeit, meine Nachbarn… aber sie haben eine Art Lebensweise in ihre Handlungen integriert alles mitzusprechen was sie tun, und was sie nicht tun, ihr Phantasma und die Wirklichkeit… Die scheint auf den ersten Moment unwirklich, aber sie gehorcht einfach nicht mehr einer Logik der Gefühle, die uns anhand eines Liebesfilms immer vermittelt wird. Vielleicht handeln sie nach dem „Grossen umgekehrten Liebeswörterbuch“!

Es darf zum Beispiel niemand einen verlorenen Sohn wieder aufnehmen. Einen verlogenen schon. Das umgekehrte Liebeswörterbuch, eines der größten Nachschlagewerke der jüngeren Zeitgeschichte sagt zum Beispiel, da du je blinder wirst, je mehr du in einem diffusen aber scheinbar definierten Begriff von Liebe versuchst einer formalen Logik zu folgen: Warum die Liebe nicht paradoxal denken?
Ja, gut, sie kommt uns eh oft paradox vor aber das schlägt immer sofort in Romantik um. Wie können wird das verhindern, fragt das umgekehrte Liebeswörterbuch. Wir können/dürfen das was wir lieben töten, aber wir können/dürfen es nicht bestehlen. Das wäre dann keine Liebe. Wir aber sagen doch! Nicht töten, sondern bestehlen, und dem was wir lieben mit allem zu Leibe zu rücken, was nicht gleich in Romantik umschlägt.
Das ist ja nicht Hegel. Die Romantiker haben ja alle die schlechte Unendlichkeit missverstanden von der Hegel redet. Die wussten auch nicht, wie sie sie beenden sollen, die Romantiker.

Unser Denken wird vom Paradox entzündet und nicht von formaler Logik. Deshalb halten sich meine Nachbarn eher an das umgekehrte Liebeswörterbuch! Und verlassen die formale Logik der Partitur, die ihnen aber andererseits die Ver-mittlung ist zwischen sich und der Wirklichkeit, die einem normalerweise ja unmittelbar zustoßen soll. René Pollesch

René Pollesch, 1962 in Friedberg/Hessen geboren, studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Seit 1998 inszeniert er unter anderem in Berlin, Leipzig, Stuttgart, Hamburg. Für die erste Folge von ‚World Wide Web-Slums 1-10’ wird er mit dem Mülheimer Dramatikerpreis 2001 ausgezeichnet. Es folgen weitere Inszenierungen an der Berliner Volksbühne und dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg. 2002 wird Pollesch von der Zeitschrift Theater heute zum ‚Dramatiker des Jahres’ gewählt und erhält 2006 ein weiteres Mal den Dramatikerpreis bei den Mülheimer Theatertagen.

Samstag 19.12.2009 22:00 Uhr : Deutsches Theater Berlin

 

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